Nichts ist leichter heutzutage, als ein paar Ressentiments gegen die USA im Allgemeinen und die amerikanische Regierung im Besonderen loszutreten. Dazu reicht schon der Hinweis auf die Abfuhr, die Bush & Mitarbeiter vielen europäischen Staaten erteilt haben, als diese es wagten, ein paar kritische Worte gegen den Militäreinsatz im Irak zu sagen oder gar ihre eigenen Truppen nicht hinzuschicken. So weit, so gut.
Und nun, mal wieder, Microsoft. IT-Menschen sind ja im Allgemeinen äußerst kritisch, Produkte oder Dienstleistungen von diesem oder jenem Hersteller lassen immer mal wieder schwer zu wünschen übrig. Der Wind dreht sich, natürlich, ebenso regelmäßig. Oracle mit dem „exzentrischen“ Larry Ellison oder Sun mit dem „eigensinnigen“ Scott McNealy sitzen mal auf der Anklagebank der Moralisten, mal genießen sie Bewunderung wegen ihrer strategischen Entscheidungen oder ihres Reichtums. Einseitiger geht es bei Bill Gates zu, dem „reichsten Mann der Welt“, dem fast nur Verachtung entgegenschlägt.
Feine europäische Geister merken nicht, dass sie mit ihren Vorurteilen genau dem Schema entsprechen, das sie an den USA so vehement kritisieren: Als ließe sich die Welt auf den Kampf des Guten gegen das Böse reduzieren, und als ginge es einem Unternehmen aus den USA um etwas anderes als einem aus Europa – Geschäft pur, Gewinnmaximierung eben. Und dafür gibt es nun einmal eine Menge unterschiedlicher Geschäftsmittel, juristische Winkelzüge eingeschlossen.
Jüngstes Beispiel: die neueste Volte im Streit EU gegen Microsoft. Kaum ein Bericht oder Kommentar hierzulande, der nicht klar zu unterscheiden wusste zwischen Gut und Böse. Gut = die aufrechten „Wettbewerbshüter aus Brüssel“ (ansonsten in Deutschland eher ein Synonym für die „Bürokraten aus Brüssel“), Böse = jener große US-Konzern, der den Rand nicht voll kriegen kann. Ein Generalvorwurf, der sich gegen so ziemlich jedes Unternehmen in der Marktwirtschaft erheben ließe. Microsoft hatte es schon deswegen etwas einfacher, weil sich die spezifischen Produkte – Software – in der CD-Presse billig vervielfältigen und auf dem Markt teuer verkaufen lassen. Und da spielen die Konsumenten, privat und geschäftlich, bis heute mit.
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3 Kommentare zu Die EU und Microsoft: Gut gegen Böse?
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von wegen
Zu den beiden letzten Kommentaren:
Microsoft hat nicht "durch Leistung" seine marktbeherrschende Stellung ausgebaut, sondern durch teilweise wohldosierte Minderleistungen – z.B. in Fragen der Kompatibilität.
Es gibt praktisch keinen Kunden, der sich wegen der Leistung für MS entschieden hätte, sondern entweder weil es schon vorinstalliert war oder weil er mit Kollegen/Freunden/Produkten kompatibel bleiben wollte oder mußte.
Eben dieses Geschäftsgebahren kritisiert die EU und läßt sich nicht "vor den Karren" eines modischen Antiamerikanismus schnallen. Es ist egal ob es andere auch tun, und egal ob MS aus Redmont oder Todtnauberg stammt. Wer verhindert, daß Mitbewerber nur durch eigene Leistung Marktanteile sichern können, schadet allen und wird rechtmäßig bestraft.
Mutig & Wahr!
Das ist ein mutiger Artikel gegen den seit Jahren verbreiteten Zeitgeist.
Dass sich die EU vor diesen Karren spannen läßt ist schon mehr wie bedenklich. Da geht ein Hersteller so weit, dass er sogar den Sourcecode offen legt und dann reicht es angeblich immer noch nicht. In der Opensource Welt gibt es auch meist keine andere Dokumentation außer dem Sourcecode.
Respekt!
Ein mutiger Artikel, geht er doch so komplett am schicken Zeitgeist vorbei, Microsoft als die Verkörperung des Bösen zu betrachten. Niemand zwingt irgendjemanden, MS-Software zu kaufen. Das tun die Leute freiwillig. Und mir persönlich ist vollkommen egal, welcher Milliardär nun noch etwas reicher wird, weil ich seine Software nutze. MS ist nicht per unmoralischem Gesetz zum Marktführer geworden, sondern weil es offensichtlich immer den Nerv der Zeit traf, d. h. durch Leistung. Dass die nicht ganz so cleveren Mitbewerber heulend zur EU-Kommission rennen, ist ihr gutes Recht. Aber dass die EU-Kommission im Bewusstsein der eigenen Unfehlbarkeit und Machtfülle sich vor diesen Karren spannen lässt, ist schon bedenklich. Mir persönlich machen selbstherrliche Bürokratien mehr Angst als Wirtschaftsmacht, die auf Leistung basiert. Aber das liegt vielleicht daran, dass ich in der DDR aufgewachsen bin.